Montag 22. September 2025

Eröffnung des Studienjahres an der Katholisch-theologischen Privatuniversität Linz am 5.10.2009

Predigt anlässlich des Gottesdienstes zur Eröffnung des Studienjahres 2009/10 in der Kapelle des Priesterseminars

Ich möchte sie alle am Beginn des neuen Studienjahres herzlich begrüßen. Wir sind hier in der Kapelle des Priesterseminars versammelt, um in der Feier der Eucharistie und in unseren Gebeten den Hl. Geist auf die Lehrenden und Lernenden herabzurufen und Gottes Schutz und Segen für unsere KTU zu erflehen. Wir tun dies in einer Zeit des Wandels, ja des Umbruchs in Kirche, Gesellschaft und Wirtschaft. Patentlösungen für die Zukunft gibt es nicht. Wir alle müssen uns einsetzen und anstrengen, um gemeinsam den rechten Weg zu finden. Gerade in dieser Situation finden wir bei Augustinus eine Aussage, die uns hilfreich sein kann.
Er schreibt: „Viele Menschen sagen: Die Zeiten, in denen wir leben, sind schlecht.“ Dann fährt er aber fort: „Nicht die Zeiten sind schlecht, sondern die Menschen. Weil die Menschen schlecht sind, darum sind auch die Zeiten schlecht.“ Und am Schluss sagt er: „Bemühen wir uns, dass die Menschen gut sind, dann werden auch die Zeiten gut sein.“
Es geht ihm dabei vor allem um die formatio, um die Formannahme, um die Gestaltung und die Bildung. Damit aus dem Stück Holz etwas Gutes und Vollendetes gemacht wird, bedarf es auf der einen Seite der Meister und Lehrer, auf der anderen Seite der Bereitschaft zur Annahme und Formbarkeit. Außerdem braucht es ein Grundgefüge von Wohlwollen und Vertrauen. Davon hängen Erziehung und Bildung wesentlich ab, um menschlich, intellektuell und christlich zu reifen. Als gläubige Menschen schöpfen wir immer wieder aus dem Schatz der Hl. Schrift, aus der man, wie ein guter Hausvater, stets Altes und Neues hervorholen kann.

Wenn wir nun unser Augenmerk auf die eben gehörten liturgischen Texte richten, so können wir als Abbild Gottes unsere Blicke auf das Original richten, nach dem wir immer mehr gebildet und geformt werden sollen.

Lesung aus dem Buch Jona. Dieses kurze kleine Buch ist keine Prophetenschrift, sondern eine Lehrerzählung, die uns aufzeigt, wie gut und barmherzig Gott ist. Die Erzählung steht ganz im Dienst der Lehre von Gott. Ob Jona wirklich im Bauch des Fisches war und nach drei Tagen wieder ausgespien wurde, ist völlig unwichtig. Wichtig ist das Gottesbild, dem wir hier begegnen: Der Gott Israels kümmert sich um die ferne verkommene Stadt Ninive und schickt ihr einen Propheten. Was der Prophet dort sagen soll, erfahren wir erst im 3. Kapitel. Er soll der Stadt das Gericht ankündigen. Da flieht Jona. Er flieht nicht, weil er vor Ninive Angst hat, sondern weil er ahnt, dass er sich, wie er es versteht, blamieren wird. Aber Gott zwingt den engstirnigen und widerspenstigen Jona, dass er dem göttlichen Willen zum universalen Erbarmen dient. Am Ende ist Gott sogar nachsichtig gegenüber seinem eigenartigen und schwierigen Propheten. Gott hat es ja oft auch mit seinen engsten Mitarbeitern nicht leicht. Eines dürfen wir uns aus der heutigen Lesung mitnehmen: Gott will das Heil aller Menschen. Jahwe ist ein gnädiger und barmherziger Gott, sein Erbarmen, seine Liebe und sein Verzeihen sind ohne Grenzen.

Im heutigen Evangelium stellt uns Lukas das Hauptgebot der Gottes- und Nächstenliebe vor. Es ist eingebaut in einen Dialog zwischen Jesus und einem Gesetzeslehrer. Letzterer stellt die wichtige Frage: Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen? Jesus antwortet: Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben von ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst.
Es ist auffallend und interessant, dass Jesus auf das große Gebot der Gottesliebe mit dem Gesetz antwortet. So ist es geschrieben, so ist es geoffenbart. Auf das zweite Gebot antwortet Jesus mit dem ergreifenden Gleichnis vom guten Samariter. Jesus sagt uns, worauf es bei der Nächstenliebe ankommt: Wenn ihr nur jene liebt, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr davon? Das tun auch die Heiden. Um das zu tun, genügt es, der menschlichen Natur zu folgen.
Wer den himmlischen Vater erkannt hat und sein Sohn werden möchte, der muss darüber hinausgehen und so lieben, wie er es tut, also auch die Ungerechten und Sünder. Ja, auch wir müssen uns von der engen Sichtweise eines Jona lösen und lieben wie Gott liebt. Gott hat uns geliebt als wir noch seine Feinde und Sünder waren. Er sagt uns: Geh hin und tue desgleichen.

Das Problem oder die anfängliche Frage des Gesetzeslehrers wird nun umgekehrt. Aus einem abstrakten, akademischen Problem entsteht nun ein konkretes und operatives: Die Frage lautet nicht mehr: Wer ist mein Nächster?, sondern: Für wen kann ich mich zum Nächsten machen? Abstrakt feststellen, wer ist mein Nächster, nützt gar nichts, wenn wir für ihn nicht zum Nächsten werden, der beisteht und hilft.

Um zu lieben, wie Jesus es erwartet, müssen wir bereit sein, vom Eigenen zu geben, ja sich selbst hinzugeben. So tat es Christus, so haben es die Heiligen zu allen Zeiten getan. Man muss zupacken, man muss sich die Hände auch schmutzig machen.

Auch Jesus tat es so, wie es Tertullian von ihm sagt: „Er stieg herab in die Kloake dieser Welt.“ Er beschmutzte sich mit allen Sünden dieser Welt, aber er nahm sie hinweg in der Macht seiner Liebe und seines Opfers am Kreuze.
Er weite auch unser Herz, damit wir seine Zeugen sind in einer Welt voll Egoismus und Habsucht.
Amen.

(Manuskript der Homilie – es gilt das gesprochene Wort)

+ Ludwig Schwarz SDB
Bischof von Linz
 

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